Besorgnis über die wachsende US-amerikanische Militärpräsenz in Peru und Kolumbien

02/10/2009
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Eines der Ziele des Gipfeltreffens der Union Südamerikanischer Staaten UNASUR am 27. August in Bariloche war, die steigende Militärpräsenz der USA in Lateinamerika zu debattieren. Der Ausbau der US-amerikanischen Militärbasen gilt als eine ernste Bedrohung für ganz Südamerika.

Eduardo Galeano, der berühmte Autor des Buches ‘Die offenen Adern Lateinamerikas’, erklärte am 2. September in einem Interview mit Cronicon.net: „Was die Militärbasen in Kolumbien betrifft, so beleidigen sie nicht nur die Würde ganz Lateinamerikas, sondern auch unsere Intelligenz, denn zu sagen, dass ihre Funktion der Kampf gegen die Drogen sei, also bitte! Ein Großteil des weltweit konsumierten Heroins stammt aus Afghanistan, wie man einfach auf der Homepage der Vereinten Nationen nachlesen kann. Afghanistan ist ein von der USA besetztes Land, und wie man weiß, haben die Besatzer die Verantwortung dafür, was in den von ihnen besetzten Ländern geschieht, in diesem Fall also für den Drogenhandel auf globaler Ebene". Die USA sind damit also kein Garant für den Kampf gegen die Drogen. Außerdem leben in den USA etwa 50 Millionen Personen, die Drogen konsumieren. Diese Menschen sind für den bedrückenden Anstieg des Drogenhandels und die großen Kapitalverschiebungen wie beispielsweise an der mexikanischen Grenze verantwortlich.

Hier in Peru wachsen die Zweifel daran, dass die US-amerikanischen Militärbasen in Kolumbien tatsächlich den Zweck des Kampfes gegen den Drogenhandel und Terrorismus erfüllen. Vielmehr sind sie Teil einer militärischen Strategie, die den Falken in Washington einerseits den Zugriff auf natürliche Ressourcen im Herzen Südamerikas erlaubt, und andererseits dem Vorgehen gegen die neuen politischen Strömungen speziell in Venezuela, Ecuador und Bolivien dient.

Inzwischen haben sich auch einige peruanische Politiker bezüglich dieses Themas zu Wort gemeldet. So hat Ollanta Humala, der Vorsitzende der Nationalen Peruanischen Partei, die Haltung der peruanischen Regierung zum Militärabkommen Kolumbiens mit den USA kritisiert. So sei die Stationierung US-amerikanischen Militärpersonals in Kolumbien ein Dolchstoß für die Stabilität der Region. Der Vorsitzende der Sozialistischen Partei Javier Diez Canseco hat festgestellt, dass es beim Ausbau der Militärbasen statt um das Vorgehen gegen den Drogenhandel oder Terrorismus um die Kontrolle der aktuell stattfindenden Prozesse des gesellschaftlichen Wandels in Lateinamerika gehe.

Die US-amerikanische Expansionspolitik

Selbst die jetzige Krise hat die Expansionspolitik der USA nicht verändert. Auch Präsident Barack Obama hat in dieser Hinsicht keine Veränderungen angestoßen, da er weder fähig ist noch wünscht, Washingtons Pläne für Südamerika zu ändern. Kolumbiens Präsident Uribe sieht sich aufgrund seiner Verbindungen zu Drogenhändlern und Paramilitärs innenpolitischen Angriffen ausgesetzt, die ihn handlungsunfähig und somit zu einem bedingungslosen Verbündeten der USA machen.

Der peruanische Präsident Alan García ist der einzige lateinamerikanische Staatschef, der Zustimmung zu den Militärbasen in Kolumbien geäußert hat. Auf dem Gipfel in Bariloche stand er mit seiner bedingungslosen Unterstützung für die gefährliche Entscheidung Uribes und die interventionistische Politik der USA allein da.

Man muss bedenken, dass das Erstarken der fortschrittlichen und linksgerichteten Regierungen einen tiefen Wandel in der Region darstellt. Ein Wandel, der die Wiedergeburt der Freiheit und Einheit Lateinamerikas verspricht, die aber noch nicht Wirklichkeit geworden ist. Die Washingtoner Regierung weiß, dass dadurch ihre Handlungsspielräume in diesen Ländern eingeschränkt sind. Deren neue Regierungen haben Strategien entwickelt, die den Zugang zu ihren natürlichen Ressourcen erschweren. Der Ausbau der US-amerikanischen Militärbasen in Kolumbien zielt deshalb darauf ab, durch die damit verbundene Verbesserung der Infrastruktur Kontrolle über das Amazonasgebiet und dessen Ressourcen zu erlangen. Einerseits befinden sich im Gebiet des Orinoco-Flusses die wichtigsten Ölreserven der Welt. Andererseits liegen zwischen Brasilien, Argentinien, und Paraguay Wasserquellen, die die Welt 200 Jahre lang mit Süßwasser versorgen könnten.

Peru im Blick

Die Interessen der USA an Peru sind groß, und um sie zu beschützen, halten sie den peruanischen Präsidenten für den richtigen Mann. Alan García hat nicht nur einen Freihandelsvertrag unterzeichnet, sondern will auch den großen Firmen die Amazonasterritorien zugänglich machen und übt sich am Verschwindenlassen der indigenen Bevölkerung. Darüber hinaus arbeitet er mit einem Landwirtschaftsminister zusammen, der zwar einerseits Chef der Kommission ist, die das Massaker an der indigenen Bevölkerung in Bagua vom 8. Juni 2009 aufklären soll, daneben aber aktiv die Verfolgung und Vertreibung der indigenen AnführerInnen betreibt. Der Nordamerikaner Hernando de Soto wiederum hilft Alan García bei seinem widersinnigen Plan, die alten Stammesterritorien zu privatisieren, und sein Verteidigungsminister Rafael Rey beklagt öffentlich das Fehlen US-amerikanischer Unterstützung gegen die Aufständischen im Flusstal Apurímac und Ene.

Noch mehr überraschte uns Rafael Rey, als er erklärte: „Die Regierung ist genötigt, einige Militärbasen im Flusstal Apurímac und Ene wieder in Betrieb zu nehmen, die ihre Amtsvorgänger wegen der vorübergehenden Ruhe im Inland aufgegeben hatten“. Und am 10. August 2009 haben wir erfahren, dass das Verfassungsgericht die Intervention der Militärstreitkräfte im Inneren erlaubt, wenn „ausländisches Gedankengut“ identifiziert worden ist. Es entsteht der Eindruck, dass die peruanische Regierung in die Fußstapfen der kolumbianischen Administration tritt und die Kontrolle über den Amazonas sucht, um sich dessen natürliche Ressourcen anzueignen und die Interessen der großen multinationalen Korporationen zu verteidigen.

Weshalb die militärischen Aktivitäten in Peru?

Es ist bekannt, dass die Vereinigten Staaten nicht nur in die Politik und Wirtschaft der lateinamerikanischen Staaten eingreifen, sondern ihre Interessen auch militärisch durchzusetzen suchen. Hierzu zählen neben konkreten Militäreinsätzen und Manövern auch Waffenverkäufe, die Einrichtung von Überwachungs- und Spionagesystemen und eben der Aufbau militärischer Basen.

Die USA haben großen Bedarf an natürlichen Ressourcen wie Kohlenwasserstoffe, Süßwasser, Holz, Energieträger, Mineralien, tropische Pflanzen, an denen Peru reich ist. Vor diesem Hintergrund erscheint uns die Sorge sehr real, dass die Vereinigten Staaten planen, sich unserer Rohstoffe zu bemächtigen. Der Weg zu diesen Rohstoffen führt darüber, die politische Opposition und die AnführerInnen der Zivilgesellschaft auszuschalten. Und dazu braucht es Militärbasen, denn deren Einrichtung und die Politik des freien Handels gehen Hand in Hand.

Die Unterzeichnung des Freihandelsvertrags am 4. Dezember 2007 zwischen Peru und den USA hat zu mehr Konflikten in der peruanischen Zivilgesellschaft geführt. Es sollte nicht vergessen werden, dass die Regierung García bereits ein Jahr zuvor 72 Prozent des peruanischen Amazonasgebiets als Konzessionen hauptsächlich an multinationale oder US-amerikanische Öl- oder Erdgasfirmen vergeben hatte. Danach, am 10. Oktober 2007, hatte Alan García in einem Artikel in der Zeitschrift El Comercio die Ziele seiner Politik dargelegt: Statt der neoliberalen Politik des Staates machte er als Verursacher der sozialen Konflikte in Peru „veraltete Ideologien und Arbeitsunlust“ aus. Kurz darauf setzte die Exekutive 102 antikonstitutionelle Gesetze durch.

Der Widerstand der indigenen Bevölkerung gegen die Politik des freien Marktes

Alan Garcías aggressive Politik traf auf den entschiedenen Widerstand der indigenen Bevölkerung des Amazonasgebiets. Im Namen aller PeruanerInnen verließen die Indígenas ihre Häuser, um sich mit Pfeil und Bogen dem Verkauf der Gemeindeterritorien und der Wälder zu widersetzen. Weil die Indígenas nicht aufgaben, sah sich die Regierung letztlich genötigt, das Dekret 1015 und den dazugehörigen Appendix 1073 zurückzuziehen. Das Dekret ermöglichte den reibungslosen Verkauf von Territorien indigener Gemeinden mit der Erklärung, dass diese Peru schädigen würden. Wie die Geschehnisse von Bagua gezeigt haben, stellen die Indígenas das größte Hindernis für die Wirtschaftspolitik der Regierung dar. In diesem Jahr kamen Indígenas der Awajun- und Wampa-Ethnien würdevoll und stolz zum „Curva del Diablo“ genannten Flusstal in der Nähe von Bagua. Auf ihren Schultern trugen sie die alten Träume aller PeruanerInnen, die Regierung jedoch reagierte mit Waffengewalt. Mindestens 34 Menschen kamen ums Leben, über 100 wurden verletzt. Auch die Einrichtung der oben erwähnten Untersuchungskommission hat bisher keine Klärung der Geschehnisse erbracht. Die StammesanführerInnen befinden sich weiterhin in Haft oder sind ins Exil geflüchtet, die Dörfer der indigenen Bevölkerung werden von Agenten der Regierung belagert. Eine Organisation “Aidesep” wurde erfunden und auf den Bühnen der Medien präsentiert.

Was wird geplant und wer steht hinter all dem?

Verschiedene Politikwissenschaftler vermuten ein Geheimabkommen zwischen den Vereinigten Staaten und der Regierung Alan García: Die Vereinigten Staaten erhalten Zugang zu peruanischen Militärbasen im Tausch für die Unterzeichnung des Freihandelsabkommens. Alan García kann die Verbände, die sich für die indigene Bevölkerung und verschiedene gesellschaftliche Belange wie Umweltschutz, Menschenrechte, und religiöse Toleranz aussprechen, nur durch militärische Gewalt zum Schweigen bringen. Diese gesellschaftlichen Gruppen haben bewiesen, dass sie enormen sozialen Druck ausüben können.

Der peruanische Präsident scheint zu hoffen, dass die Militärbasen zu einem Allheilmittel gegen gesellschaftliche Probleme werden. Aus der Sicht der USA hingegen sind sie ein Druckmittel, um den transnationalen Firmen freien Zugang zu Öl, Gas, Mineralien, genetischem Material und Wasser zu verschaffen.

Die Freihandelspolitik und die Errichtung der Militärbasen gehören zusammen

Die peruanische Regierung streitet die Existenz von Militärbasen im Land ab. Inzwischen ist allerdings bekannt geworden, dass die peruanische Regierung im März 2008, drei Monate nach Unterzeichnung des Freihandelsabkommens, Gespräche mit den USA über den Aufbau eines „Medizinischen Zentrums und einer gemeinsamen Operations- und Aufklärungsbasis“ eingeleitet hat. In anderen Worten: in dem Gebiet nahe Pichari, wo sich bereits eine peruanische militärische Installation befindet, soll eine gemeinsame Militärbasis eingerichtet werden.

Zwischen Juni und August 2008 hat das US-Befehlskommando Süd (Comando Sur) ein „humanitäres“ Programm namens Neue Horizonte initiiert und in der Nähe der Stadt Ayacucho eine entsprechende Infrastruktur eingerichtet. Angeblich wurde durch das Programm die kostenlose medizinische Versorgung von mehr als 12.300 Indígenas sichergestellt. David Vine, der Autor des 2009 erschienenen Buches ‘Die Insel der Schande’, hat zu Recht kürzlich in einem Interview kommentiert: „Man kann eine allgemeine Tendenz ausmachen, die Einrichtung militärischer Basen durch gleichzeitig stattfindende humanitäre Missionen zu kaschieren. Dies geschieht beispielsweise in Afrika, wo das US-amerikanische Militär versucht, sich der enormen Ölreserven zu bemächtigen. Die humanitären Missionen dienen dazu, der Bevölkerung näher zu kommen. Genau dasselbe scheint in Peru zu geschehen“.

Die Peruaner fragen sich, wie es dazu kommen kann, dass die Vereinigten Staaten ohne das Wissen weiter Teile der Bevölkerung Militärbasen in Peru unterhalten können? Ist dies etwa nicht eine Frage der nationalen Sicherheit, über die der peruanische Kongress diskutieren und eine Entscheidung fällen sollte?

Für ein Peru ohne Militärbasen

Wir Peruaner wollen Frieden in Peru und ganz Südamerika. Daher sollte die Zivilgesellschaft durch friedliche Proteste die Militärisierung Perus aufhalten, die Auflösung ausländischer Militärbasen verlangen, und jede Form der Gewalt ächten. Wenn der Beweis für die Existenz US-amerikanischer Militärbasen auf peruanischem Boden erbracht wird, müssen wir den unverzüglichen Abzug dieser Truppen aus Peru verlangen.

Übersetzung: Poonal (Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen)

https://www.alainet.org/de/active/34092?language=es
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